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Kapitel Identität
In diesem Kapitel geht sowohl um individuelle, als auch Gruppenidentität. Nach Paul Verhaeghe ist die Identität etwas was sich verändert (in der Kindheit schneller und dann immer langsamer), und ein Spiegelbild unserer Aussenwelt. Es gibt 2 entgegengesetzte Kräfte, die unsere Identität bestimmen. Auf der einen Seite wollen wir Autonomie und uns Abgrenzen, auf der anderen Seite wollen wir Teil einer Gemeinschaft sein.Ob wir voller Selbstvertrauen oder Selbstzweifel sind, hängt davon ab, wie unsere Umwelt uns wahrnimmt. Identität ist eine Ansammlung von Werten, die ein Kind zunächst von den Eltern und später von Umwelt übernimmt.Füe den Autor sind Identität und Werte,d.h. die Frage was gut und was schlecht ist, dasselbe
Sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen identifizieren sich über Werte, meist benötigt sie andere Gruppen um sich abzugrenzen. Die Werte einer Gruppe ergeben sich über Erzählungen und Narrative.Der Autor stellt fest, dass in ganz Europa die Identitätsdebatten zugenommen haben.
All die entstehenden Identitäten haben eines gemeinsam. Um sich selbst zu stärken, gilt der andere als Prügelknabe. Die meisten sind der Überzeugung dass Identität etwas mit unserem Innern zu tun hat. Mit unseren Genen und allem was wir von unseren Eltern geerbt haben.
Der Autor hat einen ganz anderen Ansatz. Er behauptet es ist die Aussenwelt, die uns prägt. Die Aussenwelt ist stets ein Spiegel dieser Identität.
Unterkapitel: Wer bin Uch?
Die Annahme, dass wir ein unveränderbares Ich haben, ist höchst fragwürdig. Identität ist eine Ansammlung von Vorstellungen, die die Aussenwelt uns auf den Leib geschneidert hat.
Der Autor versucht dies mit der Adoption zu verdeutlichen. Holt man ein indisches Baby aus seinem Geburtsort Rajasthan und lässt es in Gent oder Amsterdam aufwachsen, nimmt es eine Genter oder Amsterdamer Identität an. Würde sie später als Erwachsene nach ihren sogenannten Wurzeln suchen, würde sie eine herbe Enttäuschung erleben: Diese Wurzeln existieren nicht, und womöglich würde sie sich im Geburtsort noch fremder fühlen, als eine andere Frau aus Amsterdam oder Gent.
Wären wir anders aufgewachsen, bei anderen Eltern und in einer anderen Umbebung so wären wir andere Menschen.
Identität ist stärker mit dem Werden verbunden, als dem Sein. Und dieses Werden beginnt schon mit der Geburt
Ich vermute dass ein Kind schon in der Schwangerschaft, die Gefühle der Mutter mitbekommt.
Extremen Einfluss hat unsere Erlebnisse als Kind. Ein Kind das keine Liebe und Zuneigung erfährt und nur Gleichhgültigkeit erfährt, fehlt das Fundament auf das es aufbauen kann.
Es gibt 2 gegensätzliche Ängste, die unser Identitätsempfinden bewirken. Die eine Angst ist die Verlustangst. Eine Urangst von Menschen ist es Ausgeschlossen zu werden. Das Gegenstück zu der Trennungsangst, ist die Intrutionsangst. Menschen wollen eigenständig sein, sich abgrenzen.
Unsere Identität ist immer ein Spannungsfeld zwischen zwei Polen, nämlich der Übereinstimmung mit dem anderen und der Abgrenzung vom anderen, und zwar von Anfang an. Neben dem ersten Prozess der Identifikation oder Spiegelung samt ihren Begleiterscheinungen spielt sich noch ein weiterer Prozess ab, der durch das Streben nach Autonomie, also die Trennung vom anderen ,die Seperation, gekennzeichnet ist.
Identität ist stets das vorübergehende Resultat der Wechselwirkung uwischen Übereinstimmung und Abgrenzung. Der Spiegel, den uns die Umwelt vorhält bestimmt, wer wir werden.
Unterkapitel Und wo bleibe Ich?
Die Autonomie ist wichtig. Abängigkeit bedeutet Schwäche, man muss aber seinen Mann stehen. für sich selbst eintreten, sein Ding durchziehen.
Selbstverständlich hängt unsere Persönlichkeit im Gehirn. Aber dieses ist ab Geburt noch nicht ausgebildet, und führt nach der Geburt einen Entwicklungsprozess durch. Das Gehirn reagiert auf die Einflüsse der Umwelt.
In der Kindheit deutlich schneller, man merkt es wie leicht Kinder eine fremde Sprache erlernen können.
Unsere Gene haben wir seit Geburt, aber die Umwelt kann die Wirktung der Gene ein- und ausschalten.
Das Auftreten von (schädlichen) Genkombinationen erhöht das Risiko, an dieser schweren psychischen Krankheit zu erkranken um fünzehn bis zwanzig Prozent. Der Rest ist der Umwelt zuzuschreiben, wobei einer der wichtigsten Faktoren ist, ob das Leben in einer Großstadt ist. Wer auf dem Land mitten in der Natur lebt, hat ein deutlich geringeres Risiko psychisch zu erkranken.
Die Gene sind unsere Hardware, aber die Software wird durch unsere Umwelt geprägt.
Eltern sagen häufig zu Recht, dass ihre Kinder unterschiedlich sind. Aber diese Unterschiede betreffen die Orientierung (intristisch, extrinsich) und von Prozessen (schnell, langsam, hartnäckig oder träge). Die Unterschiede betreffen selten Inhalte.
Unterkapitel Identität zwischen Körper und Gruppe
Neben der individuellen Identität, gibt es auch eine Gruppenidentität. Die gemeinsame Identität von Gruppen ergibt sich aus einer gemeinsamen Erzählungen und Narrative über die Gruppe.
Die Geschichten und Bilder unserer Familie, die soziale Klassen, der wir angehören, die Kultur, in der wir zu Hause sind, all dies zusammengenommen bildet die symbolische Ordnung, die Große Erzählung als Oberbegriff des narrativen Ganzen, das von einer grösseren Gruppe geteilt wird. Aus ihr resultiert eine mehr oder weniger gemeinsame Identität. Mehr oder weniger, denn sobald man die Gruppe vergrössert oder verkleinert, wirkt sich das auf die Indentität aus.
Diese Erzählungen geben Antworten auf sehr existenziellen Fragen.
- Was ist ein echter Mann, was eine echte Frau?
- Wie sieht die perfekte Beziehung zwischen diesen beiden aus?
- Welche Bedeutung haben Karriere und Elternschaft, und in wie weit entsteht dabei ein Unterschied zwischen Männer und Frauen?
- Wie soll man sich gegenüber Autoritäten verhalten?
- Wie geht man mit Körperlichkeit um, mit Sex, Krankheit und Tod?
Das mehrere und oftmals sehr unterschiedliche Antworten existieren, bedeudet gleichzeitig, dass auch verschiedene Indentitäten möglich sind.
Dieses Beispiel zeigt dass Identität sehr eng mit Ethik zu tun hat. Aber das wird Inhalt des nächsten Kapitels
Unterkapitel: Selbstvertrauen, Selbstachtung, Selbsthass
Die Identität, die Ich selbst wahrnehme prägt meine Haltung über mich selbst. Wir streben danach authentisch zu sein, und leiden ggf. daraunter sollte dies nicht gelingen.
Wenn wir identitätsstiftende Botschaften von mehreren Seiten übernehmen, erhalten wir unvermeidlich ein Puzzle, bei dem die einzelnen Teile nicht unbedingt zusammenpassen.
Das Maß an Vertrauen, Selbstschätzung und Respekt, das wir als Kind von Anderer erfahren haben, spiegelt sich in unserem Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und unserer Selbstachtung als Erwachsene wieder. Es bestimmt auch mein Verhalten gegenüber Anderen.
Oder Ich bin ängstlich, verlegen, bin davon überzeugt, dass der andere böse auf mich ist, nichts an mir findet, weshalb ich schon von vorneherein vor der vermeintlichen Bedrohung fliehe. Im psychiatrischen Fachjargon, nennt man ein solches Verhalten Sozialphobie.
Die Haltung, die wir gegenüber einer Respektsperson einnehmen, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Identität.Kritisch und rebellisch? Gehorsam und unterstützend? Ängstlich oder aggresiv-kompetitiv? Auch das haben wir uns in der Beziehung gegenüber der Eltern als den ersten Autoritätspersonen angeeignet.
Vergleiche Ich dies mit meinen eigenen Erlebnissen, so habe Ich mich in dieser Beziehung aufgrund meines Schlaganfalls drastisch geändert. Aber das erklärt die Theorien, die Ich gelesen hatte. Die Persönlichkeit von Menschen bildet sich in den ersten Lebensjahren, und ändert sich i.a. nur durch traumatischen Erlebnissen.
Kinder eines Kinderschreckvaters werden ihr ganzes Leben die Angst vor Obrigkeiten nicht los. Väter, die ihre Kinder missbrauchen, machen jede Form von Autorität verdächtig. Integre Väter schaffen Vertrauen.
Unterkapitel: Wer soll Ich sein und was nicht
Identität besteht aus einer Ansammlung aus Merkmalen, die uns der andere auf den Leib geschrieben hat.
Die heutige gesellschaftliche Debatte über Normen und Wertvorstellungen ist nichts anderes als die eine Debatte über identität. Jede Identität geht auf eine zusammenfassende Ideologie zurück, ein Begriff den Ich gemeint der Autor hier sehr weit fasse, als Gesamtheit von Ansichten über zwischenmenschliche Beziehungen und die bestmögliche Art, diese zu regeln.
Häufig dienen Gruppenidentitäten und den damit verbunden von Ideologien dazu sich vor anderen Gruppen abzugrenzen, und auch bei Gruppenidentitäten geht es darum sich selbst überlegen zu fühlen.
Interessant in diesem Zusammehang empfehle Ich die Arbeit der Extremismusforscherin Julia Ebner
Ein Beispiel ist der Umgang mit Frauen. Wir beschimpfen Muslime als frauenfeindlich. Aber dass wir ein Frauenbild verbreiten, das die Mädchen von einer sinnlosen Diät in die andere treibt, wird verschwiegen. Auf den Werbeplakaten werden nur die schönsten abgebildet, die aber nicht schön genug sind und werden mit Photoshop noch aufgepimpt. Dies macht es unseren jungen Mädchen unmöglich dieses Ideal zu erreichen und erzeugt viele psychische Krankheiten.
Alle Ideologien regeln den Zugang zum Genuss, allerdings auf sehr unterschhiedliche Art und Weise. Jede Ideologie hält die eigenen Vorschriften für ideal und die anderen für primitiv, rückständig oder dekadent.
Unterkapitel: Aggression und Angst
Nichts bestimmt unsere Identität stärker als dieses Zusammenspiel von Gleichheit (Identifikation) und Distanz (Abgrenzung). Ich bin ich, weil Ich dieser Gruppe angehöre und keiner anderen.
Wird das Volk unruhig, bringt man einen äußeren Feind ins Spiel, einen fremden anderen, und die Reihen schließen sich wieder.
Eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder so weit wie möglich gleichmachen möchte, ist genauso zum Scheitern verurteilt wie eine Gesellschaft, die auf möglichst große Unterschiede setzt.
Verläuft die Indentifikation, das Gleichsein - innerhalb einer Gesellschaft zu einseitig, entsteht eine Gruppe aus Gleichen (vorzugsweise uniformiert) mit einer alles bestimmenden Autoritätsfigur an der Spitze, die dafür sorgt dass jede Aggression nach aussen gerichtet wird, und gegen eine andere Gruppe.
Kommt dagegen der Aspekt der Gruppenbildung zu kurz und wird Abgrenzung und Individualismus zu stark betont, ist Konkurrenzdenken, soziale Isolation und Einsamkeit die Folge.
Eine Gesellschaft, die extreme Unterschiede aufweist, ist genauso unhaltbar wie eine Gesellschaft, die eine völlige Uniformierung anstrebt, in beiden Formen begünstigt sie Gewalt.
Eine Gesellschaft kann man dann als erfolgreich bezeichnen, wenn in ihr eine annehmbare Balance zwischen Gleichheit und Verschiedenheit herrscht, die der Aggression leidlich ungefährliche Auswege bietet. Fussball ist in der Tat eine Form von Krieg, Kunst lockert die Sitten, Karneval erlaubt bestimmte Entgleisungen und eigentlich ist es keine schlechte Idee, rituelle Sünden in die Wüste zu schicken.
Jede Gesellschaft braucht ein Ventil, hygienische Maßnahmen, um mit der unvermeindlich auftretenden Aggression fertig zu werden.
Unterkapitel: Identität ist Ideologie
Unsere Idetität ergibt sich von äusseren Einflüssen. Dies ist ein Prozess der ein Leben lang andauert, aber mit abnehmender Geschwindigkeit. In einem intakten Umfeld ändert sich ein Erwachsener nur sehr langsam. Radikale Umbrüche im Leben infolge eines Unfalls, einer schweren Krankheit oder eines Traumas führen zu starken Veränderungen. Was für die individuelle Identität gilt, gilt auch für die Gruppenidentität. Der Autor unterscheidet zwischen den Gegensätzen von Gesellschaften voll-leer, offen - geschlossen und labil - stabil.
- Volle gegen leere Gesellschaft
- Eine leere Gesellschaft hat keine oder nur eine einzige stereotypisch Erzählung für existentielle Fragen. Eine volle Gesellschaft hat viele, die sich ggf. widersprechen. Beide Formen können in ihrer Extremheit zu Identitätsstörungen führen. In einer leeren Gesellschaft ist das kulturelle Angebot stark zensiert und erzeugt stereotypische Menschen. Es besteht die Gefahr zu typischen Depressionssymptome. In einer vollen Gesellschaft besteht die Gefahr des Grössenwahns.
- offen gegen geschlossen
- Aufgeschlossenheit ist das Ergebnis einer offenen Gesellschaft. In einer geschlossenen Gesellschaft wird alles was anders ist. als Bedrohung empfunden.
- Stabil gegen Labil
- In labilen Gesellschaften widersprechen sich die Erzählungen und in er stabilen Gesellschaft dominiert eine Erzählung. Zu viel Stabilität kann zu autoritäter Starre führen.
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